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Friedhofsgang mit Gräbersegnung

Am Nachmittag von Allerheiligen, 01.11.23, begrüßte Pfarrer Jan Kölbel die Anwesenden zur Andacht mit Gräbersegnung auf dem Hauptfriedhof.

Ein privates „Sakramente-Tagebuch“ zu führen, sei bei Priestern früher weit verbreitet gewesen, sagte er zu Beginn seiner Ansprache. Darin habe ein Priester sämtliche Taufen, Trauungen, Krankensalbungen und Beerdigungen, die er gehalten habe, eingetragen. Im letzten Jahr habe er, Pfarrer Kölbel, sein „Silbernes Priesterjubiläum“ feiern können und er bedauere es, solch ein Tagebuch nicht von Anfang an geführt zu haben. Mittlerweile wären es zahlreiche Bände. Gerade die Beerdigungen, die streng genommen nicht zu den Sakramenten zählten, würden darin sehr viel Platz einnehmen. In den letzten 26 Jahren sei er auf ca. 1.300 Beisetzungen, also in etwa 50 pro Jahr gekommen. In dieser Zeit habe sich die Bestattungskultur stark gewandelt – weg von der Erdbestattung mit Requiem hin zur Urnenbeisetzung oft ohne Requiem. Trotz fehlender Aufzeichnungen seien ihm einige Ereignisse in Erinnerung, die er kurz schildern und aus denen er die Fürbitten ableiten möchte.
Er denke an die 99-jährige Frau, die sich mit Händen und Füßen vergeblich gegen den Tod gewehrt habe. Gott möge allen Menschen, die nicht versöhnt und friedlich aus dem Leben scheiden könnten, die Angst vor dem Tod nehmen.
Er denke an einen Obdachlosen, den er beerdigt habe und bei dessen Beisetzung außer ihm nur der Bestatter und eine Mitarbeiterin des Sozialamts zugegen gewesen wären. Gott möge allen einsamen Menschen, die niemand betrauere, im Himmelreich Liebe und Gemeinschaft schenken, die ihnen im Leben gefehlt hätten.
Er denke an viele Beerdigungen von Kindern, deren Eltern ihr Kind überlebt hätten. Gott möge den betroffenen Eltern Kraft zum Weiterleben und Gottvertrauen schenken.
Er denke an die Beerdigung eines pensionierten Pfarrers, der trotz gesundheitlicher Einschränkungen bis kurz vor seinem Tod die hl. Messe gefeiert habe. Gott möge allen, die in der Verkündigung tätig gewesen seien, ihren Einsatz lohnen.
Er denke an so manche treuen Kirchgänger, denen ein christliches Begräbnis verwehrt worden sei, weil die Angehörigen damit nichts mehr anfangen könnten. Gott möge uns Respekt vor der Überzeugung des anderen lehren und uns den letzten Willen eines Verstorbenen erfüllen lassen.
Er denke an die Beerdigung eines jungen Lehrers, der bei einem Unfall aus dem Leben gerissen wurde. Gott möge allen Menschen, die plötzlich und unerwartet verstürben, Vollendung in seinem Reich schenken.
Er denke an die Beisetzung eines alten Offiziers, den der 2. Weltkrieg für immer traumatisiert habe. Gott möge alle Kriegsopfer in sein Reich aufnehmen. Er denke an Beisetzungen von Menschen, die ein erfülltes Leben gehabt hätten. Gott möge es uns ermöglichen, am Ende unseres Lebens mit Dank und Freude in seine Arme zu fallen.

Nun segnete Pfarrer Kölbel die Gräber mit Weihwasser und Weihrauch. Er bedankte sich bei der Stadtkapelle für die musikalische Gestaltung.

Nina Reuling

Fotos: Martin Winkler

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