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An sich beginne der Gottesdienst am Palmsonntag am Engelsplatz mit der Segnung der Palmzweige und führe dann in einer Prozession mit musikalischer Begleitung der Stadtkapelle in die Pfarrkirche St. Jakobus. Dies sei coronabedingt nicht möglich, so Pfarrer Jan Kölbel zu Beginn der Messfeier am Palmsonntag, 28.03.21.

Im Gegensatz zum letzten Jahr finde aber ein Gottesdienst statt. Die Palmzweige seien ein Zeichen des Segens und der Nähe Gottes, welcher wir in dieser schwierigen Zeit besonders bedürften. Der Pfarrer segnete die Palmzweige und verkündete das Evangelium über den feierlichen Einzug Jesu in Jerusalem. Danach führten der Pfarrer und die Ministranten unter den Klängen des Liedes „Singt dem König Freudenpsalmen“ eine kleine Palmprozession in der Kirche durch. Im Anschluss an die zweite Lesung trug Pfarrer Kölbel mit zwei Lektoren die Leidensgeschichte Jesu nach dem Evangelisten Markus vor. In seiner Predigt ging der Pfarrer darauf ein, dass die Kar- und Ostertage nun doch als Präsenzgottesdienste gefeiert werden könnten – zumindest sehe es noch so aus. Wenn es anders gekommen wäre, hätte er sich überlegt, aus dem Palmsonntag eine „Karwoche kompakt“ zu machen: Zu Beginn die Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem, die Feier der Eucharistie als Gründonnerstag, die Passion als Karfreitag, die Stille nach der Kommunion als Karsamstag und zum Abschluss ein Auferstehungslied für Ostern. Der Palmsonntag habe in der Tat mehrere Gesichter. Anfangs werde an den triumphalen Einzug Jesu und seiner Jünger in Jerusalem erinnert. Aber die Stimmung schlage sehr schnell um. Dieselben Leute, die Jesus zugejubelt hätten, schrieen nun hasserfüllt: „Ans Kreuz mit ihm!“ Den Umschwung der öffentlichen Meinung hätten schon viele erleiden müssen. Wer die öffentliche Meinung gegen sich habe, werde ausgegrenzt, diffamiert, mundtot gemacht. Zum Beispiel sei der Kölner Kardinal Woelki noch vor wenigen Jahren wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge ein Liebling der Medien gewesen. Mittlerweile gelte er wegen der schleppenden Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Öffentlichkeit als erzreaktionärer Finsterling. Der Palmsonntag stelle an jede/n die Frage: „Wo stehst du?“ Bist du nur bei Jesus, wenn alles glatt geht, wenn es einfach ist, zu glauben oder stehst du auch zu Jesus, wenn es hart auf hart kommt, wenn dein Glaube erschüttert wird? Unser Glaube existiere nicht im luftleeren Raum. Die Kirche wolle uns auf unserem Glaubens- und Lebensweg unterstützen. Momentan sehe es leider anders aus: Die Kirche kreise um sich selbst und zerfleische sich in Grabenkämpfen. Der Palmsonntag sei sehr realistisch: Zu unserem Glauben gehöre nicht nur die festliche Freude des Einzugs in Jerusalem, sondern auch das Ausharren der Wenigen unter dem Kreuz. Als Jesus nach dem Weggang einiger Jünger die Verbliebenen resigniert gefragt hätte, ob auch sie gehen wollten, hätte Petrus gesagt: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du allein hast Worte ewigen Lebens.“ 

Wo also stehst du?

Nina Reuling

Fotos: Martin Winkler

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